Wie bereits in meinem Unfall-Beitrag erwähnt, gibt es einen Motorradfahrer, den ich schon ein paar Tage lang kenne und mit dem ich einige tausend Kilometer hinter mir gelassen habe. Ich nenne ihn den Road Captain.
Mein Road Captain und ich haben uns im Sommer 2014 über Facebook kennen gelernt. Ich war auf der Suche nach jemandem, bei dem ich eine Zeitlang hinten drauf mitfahren konnte, um das Schmachten besser auszuhalten. Der Road Captain meldete sich daraufhin bei mir und wir schrieben einige Zeit lang hin und her, doch dann verlief sich der Kontakt etwas. Es sollte noch einige Zeit dauern, bis der Road Captain und ich unsere erste gemeinsame Ausfahrt anstreben würden. Doch ab diesem Moment gab es kein Halten mehr.
Auf Grund unserer kollidierenden Arbeitszeiten blieb meist nur der Sonntag. So trafen wir uns fast jede Woche zu einer Ausfahrt. Mal früher am Tag, mal später. Nichts hielt uns auf, seien es Minusgrade oder Temperaturen, die aus unseren Klamotten eine mobile Sauna machten. Es war egal. Wichtig war nur, dass wir unsere Ausflüge machen konnten.
Warum Road Captain?
Es verging nicht eine einzige Tour, in der er den Weg nicht kannte. Er brachte mich immer sicher nach Hause. Wir entdeckten zusammen Strecken, die wir vermutlich nicht mal gefunden hätten, wenn wir aktiv danach suchen würden. Dabei war es gleichgültig, ob wir über die schwäbischen Grenzen hinaus fuhren, uns Richtung Ausland orientierten oder einfach nur den nächsten See anstrebten. Bei ihm war ich mir immer gewiss: Ich komme sicher nach Hause und in der kommenden Woche würden wir wieder zusammen losfahren!
Es war sehr faszinierend. Egal, wo wir langfuhren, er ahnte Gefahrensituationen voraus, bevor sie entstanden. Mein sehr ausgeprägtes Popometer habe ich dank ihm und seiner Fahrweise. Das machte das Mitfahren bei Anderen manchmal etwas spannend, aber dafür nicht weniger unterhaltsam.
Unsere Ziele
Da wir beide aus Baden-Württemberg stammen und somit natürlich die tollsten Strecken direkt vor der Haustür haben, begannen wir mit kleinen Kreiseln. Wir besuchten bei einer unserer Touren z.B. die Löwensteiner Platte. Dort gibt es einfach den besten Kaffee, tolle Benzingespräche und die Aussicht ist einfach phänomenal. Oder wir machten einen Abstecher an den Ebnisee. Eines Tages war unser Ziel das Glemseck – eine alte Rennstrecke, aus der heute ein Bikertreff gemacht wurde.
Meistens fuhren wir nur zu zweit. Es war uns einfach viel zu anstrengend, uns mit anderen absprechen zu müssen. Wir zögerten nicht, an Sonntagen durch Baustellen zu flitzen oder einmal quer durch die Botanik. Dann fanden wir kleine Bäche, die zum verweilen einluden. Dort saßen wir eine Zeitlang, lauschten dem Wasser, quatschten und genossen einfach das Wetter, bevor es wieder weiterging. Oder wir saßen auf irgendwelchen Steilhängen, ließen die Seelen baumeln, während wir wunderschöne Aussichten bewunderten.
Manchmal planten wir unsere Touren aber auch. So wollten wir eines Tages Tauchmasken ausprobieren und fuhren dafür extra an den Titisee. Spoiler: Die Masken probierten wir nicht aus, nass bis auf die Knochen wurden wir trotzdem.
Eine unserer anstrengendsten Touren hatte ihren Zwischenhalt auf der Burg Hohenzollern. Wir entschieden uns gegen den Shuttlebus und machten uns auf den Aufstieg. Der Weg durch den Wald ist ca 600m lang. Man könnte meinen, dass das ein Klacks ist. Leider ist der phasenweise extrem steil, die Stufen kaum als solche wahrnehmbar und in Motorradklamotten lässt sich nur bedingt gut wandern.
Lieblingsort
Ich glaube, eines unserer liebsten und am häufigsten angefahrenen Ziele ist wohl die Stadt Heidelberg. Beim ersten Mal hatten wir uns erst ziemlich spät am Tag getroffen, weswegen eine größere Tour ausfiel. Also schlug ich Heidelberg vor: Waffeln und Eis essen gehen. Denn in Heidelberg gibt’s die besten belgischen Waffeln außerhalb Belgiens. Also fuhren wir Richtung Heidelberg, genossen die Strecke am Neckar entlang, die Aussicht auf die Burg und die wundervolle Architektur. Wir schlenderten durch die Altstadt und zogen wie immer die Blicke auf uns: Immerhin ist der Road Captain um die 1,90m groß und ich bringe es gerade mal auf etwas mehr als 1,50m.
Irgendwann kehrten wir im Schmelzpunkt ein. Leider ist dieser Laden nun so bekannt, dass man richtig viel Wartezeit einplanen muss. Aber seien wir mal ehrlich: Die Waffeln sind einfach großartigr! Das Eis ist ebenfalls sehr lecker.
Im Anschluss bummelten wir noch ein bisschen durch die Altstadt, suchten uns ein Restaurant um zu Abend zu essen und fuhren dann zurück nach Hause.
Mittlerweile waren wir unzählige Male in Heidelberg. Es ist jedes Mal auf seine ganz eigene Art wunderschön.
Der Eine
Was ist jetzt so besonders an diesem Fahrer? Davon abgesehen, dass wir uns nun doch schon eine ganze Weile kennen, war bei ihm von Anfang an dieses Grundvertrauen da. In der Vergangenheit bin ich schon bei Menschen mitgefahren, da hatte ich nach nicht mal 500m gesagt, dass sie anhalten sollen – ich würde zurück laufen.
Bei meinem Road Captain hatte ich das nie. Selbst wenn wir bei unseren Touren doch in hitzige Diskussionen oder Streitgespräche verfielen, so hatte ich bei ihm immer eine sichere Fahrt.
In den vergangenen Jahrzehnten bin ich bei vielen Menschen mitgefahren, aber bei keinem habe ich mich so sicher gefühlt, wie bei ihm. Darum ist er nach wie vor ein Mensch, mit dem ich mich auch ohne Sozia-Dasein gerne treffe und austausche.
Was sind so Deine bevorzugten Ziele, wenn Du auf Tour bist?
dLzG
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